Tag 38 bis 49 - Geduld lernen und die ersten Schritte in der Tagesklinik

In den Tagen vor dem Start der Therapie habe ich noch viel in der neuen Wohnung gemacht, Kisten ausgepackt und geräumt. Ich war immer sehr ungeduldig, weil es nicht so schnell vorwärts ging, wie ich es mir gewünscht hätte. Und ich war bei einigen Sachen auch auf die Hilfe meines Vaters angewiesen, der aber nun mal auch seinen eigenen Kram zu erledigen hat. Am vergangenen Wochenende hatte er Zeit und nun sieht es schon eher nach einer richtigen Wohnung aus.

Die erste Woche in der Tagesklinik war schnell vorbei. Der allererste Tag war natürlich komisch, erste Tage als Neue sind immer komisch. Man muss sich orientieren, die Leute kennen lernen und in den Rhythmus reinkommen. Der erste Tag bestand aus Untersuchungen, Arztgesprächen, viel Rumsitzen und Warten.

Ich bin sehr schnell in meine Gruppe hereingekommen, die Mitglieder haben mich gut aufgenommen. Auch meine Tischnachbarn sind angenehm. Die Atmosphäre in der Klinik ist sehr angenehm. In der ersten Woche musste ich lernen, meine Probleme bzw. die Krankheit zu akzeptieren und einzusehen, dass ich Hilfe brauche. Außerdem ist mir durch die Gespräche mit meinen Gruppenmitgliedern bewusst geworden, dass ich gerade noch rechtzeitig selbst erkannt habe, dass es so wie es war, nicht weitergehen konnte. Spätestens in einem Jahr wäre es mir sicherlich ähnlich schlecht ergangen wie ihnen.

In der zweiten Woche geht es für mich darum, Geduld mit mir selbst zu üben und vor allem zu akzeptieren, dass es auch mal langsamer geht, dass man nicht immer Termine haben muss und dass nicht jede Sekunde des Tages verplant und vertan sein muss mit Aufgaben, Tätigkeiten oder Beschäftigung.

In meiner neuen alten Heimat finde ich mich wieder recht gut zurecht, die Natur tut mir gut. Am Wochenende war ich fast zwei Stunden durch die Felder spazieren. Im Moment haben wir zum Glück sehr viel Sonnenschein, Balsam für die Seele, bei den kalten Temperaturen. Und es ist auch gut so, dass ich ab vom Schuss lebe, zumal ich im Moment auch gar keinen Alkohol trinken darf (was ja auch in Ordnung ist).

Gestern ist dann das passiert, auf das ich insgeheim schon eine ganze Weile gewartet hatte. Wie aus dem Nichts musste ich plötzlich heulen. Ich musste aufgrund eines Hustenanfalls aus der Gruppensitzung raus, habe aber immer wieder versucht, daran wieder teilzunehmen. Die Ergotherapeutin meinte dann, wenn es nicht geht, kann ich ruhig raus gehen. Ich glaube, der Hustenreiz kam von dem Parfum einer Person im Raum. Ich war jedenfalls erleichtert und bin vor die Tür an die frische Luft gegangen. Und so wie die frische Luft in meine Lungen strömte, kullerten mir einfach so die Tränen. Ich habe nach der Sitzung das Gespräch mit der Therapeutin gesucht, weil ich es mir nicht erklären konnte. Sie war für mich da und baute mich wieder auf. Ich war einfach total überrascht von meinem Gefühlsausbruch und der körperlichen Reaktion.

Gestern war R. für einen Tag hier. Gesehen haben wir uns leider nur für ein paar Stunden. Beim Gedanken an ihn schwanke ich auch zwischen „Es wird alles gut“ und „Das läuft doch sowieso wieder auf eine Gefühlskatastrophe hinaus“. Logisch wäre, mit ihm mal darüber zu reden. Das kann ich aber nicht, weil die Angst vor der Enttäuschung so groß ist, dass ich mich davor absolut scheue. Irrsinnig, nicht wahr? Aber da kann ich gar nicht über meinen Schatten springen, zumindest nicht im Moment.

Also, die Entscheidung, mein Leben auf diese Weise zu ändern und einen Neubeginn zu wagen, war nicht verkehrt. Das ist schon mal gut zu wissen. Nun muss ich auch die Dinge annehmen, die mir „geboten werden“.

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